"Drei Magnolien in Vase"
Gelatinesilber Kontaktabzug (Bromid Lithprint) auf Agfa Record Rapid 111 (1980er Jahre), Selenium getont
signiert, datiert, editiert und gestempelt auf Museumskartonrückseite
Die Magnolie hat in der Kunstgeschichte, besonders in Ostasien, eine reiche Symbolik. In der chinesischen und japanischen Kultur steht sie für Reinheit, weibliche Schönheit und das Erwachen des Frühlings. Die Blüte erscheint oft vor den Blättern, was ihre Zartheit und zugleich ihre Kraft betont – eine paradoxe Spannung, die sie zu einem beliebten Motiv in der Dichtung und Malerei macht. In ihrer kurzen Blütezeit und der ruhigen, fast meditativen Erscheinung erinnert sie an die Kirschblüte, ist aber weniger mit Pathos und mehr mit Stille und Würde verbunden.
In der westlichen Kunst wird die Magnolie vor allem im Jugendstil aufgegriffen. Besonders bei Émile Gallé, einer der bedeutendsten Vertreterinnen des französischen Art Nouveau, spielt die Magnolie eine prominente Rolle. Gallé verwendete sie in seinen Glasobjekten und Möbelstücken, etwa in gravierten Vasen oder kunstvoll intarsierten Holzarbeiten.1 Die Darstellung der Magnolie erfolgte dabei nicht nur als dekoratives Element, sondern als Ausdruck eines natur-philosophischen Weltbildes, in dem Leben, Zerbrechlichkeit und Schönheit miteinander verwoben sind. Diese Verbindung von Naturbeobachtung, Materialkunst und Symbolik erinnert an die Rolle, die die Kirschblüte in der japanischen Ästhetik spielt – als Zeichen einer poetischen, zugleich vergänglichen Welt. Damit steht die Magnolie im Jugendstil sinnbildlich für eine europäische Antwort auf fernöstliche Naturmotive, wie sie etwa durch den Japonismus in die westliche Kunst eindrangen.
Waldbauer nutzt für seine Aufnahme langsam in Vergessenheit geratende analoge Aufnahmetechniken und Ausarbeitungsmethoden. Er nütze natürliches Licht als Beleuchtung und eine 8x10-Inch-Großformatkamera für die Aufnahme. Der Abzug wurde als Kontaktkopie hergestellt, dabei wird das Negativ direkt auf das Fotopapier gelegt und belichtet. Die Größe des Abzugs entspricht somit der Größe des Negativs und somit dem ursprünglichen Abbild in der Kamera. Diese sehr direkte Art der Herstellung von Fotoabzügen hat eine lange Tradition und geht zurück bis zu den ersten Fotografien.
Als Fotopapier verwendet Waldbauer alte Schwarz-Weiß-Papiere, wie dieses "Record Rapid 111" des deutschen Herstellers Agfa (Bayer-Leverkusen) aus den 1980er Jahren. Die Nummerierung 111 steht für ein kartonstarkes, weißes, glänzendes Barythpapier. Die erste Ziffer (Hunderterstelle) gibt dabei die Papierstärke an – 1 bedeutet kartonstark. Die zweite Ziffer gibt Auskunft über die Farbe – 1 steht für weiß, 2 für chamois und 3 für elfenbein. Die dritte Ziffer sagt etwas über die Oberfläche aus – 1 steht für glänzend, 2 für halbmatt, 3 für matt, 4 für edelmatt.2
(Christoph Fuchs, 2025)
Anmerkungen:
1
Philippe Garner, Émile Gallé, New York 1979, S. 68–72.
2
Foto Vogel, Grundlagen der Schwarz-Weiß Fotografie. Die Kennzeichnung von Fotopapieren, http://www.fotovogel-mg.de/Papiere_1.htm (4.5.2024)