"Geospaces M 1:115.000"
C-Print auf Aluminium
rückseitig signiert, betitelt, datiert und nummeriert (Tinte)
Wie schon in den beiden vorangegangenen Arbeiten mit dem Titel "digital surroundings" und der Serie "digital city" beginnt Blanz die Untersuchung und Annäherung an geografische Raumfiguren (Geospaces) mit der Wahl des Arbeitsmaterials. Im aktuellen Fall handelt es sich dabei um eine Bandbreite von Leiterplatten, mit Schaltkreisen ausgestattete Trägerelemente für die Bestückung mit elektronischen Bauteilen. Blanz verfolgt dabei eine doppelgründige Strategie. Ausgangs arbeitet er dabei nicht wie vielleicht angenommen werden könnte auf einer metaphorischen oder rein kompositorischen Ebene assoziativer Similarität mit allgemein bekannten Wahrnehmungsmustern, sondern entsprechend dem Prinzip der Singularität, d.h. Einzigartigkeit, direkt am Rohmaterial. Im Verzicht auf die dem Konzept der Dualität zugrundeliegende Bedeutung oder Kodifizierung, die sich hinter der objektiv sichtbaren Erscheinung des Betrachtungsgegenstands verbirgt orientiert sich Blanz ausschließlich an jenen Qualitäten, die sich der unmittelbaren und ´reinen´ Wahrnehmung erschliessen. Wichtige Merkmale hinsichtlich dem Ausgangsmaterial sind dabei Schichtaufbau, Materialität und dessen Farbigkeit, Lochungsbild, Elementdicke und damit verbundene Schattenbildung bei kontrollierten Lichtverhältnissen, Haptik und Gesamtplastizität sowie Textur des Leiterbahnengewebes, die in ihrer Gesamtheit beim Vorgang des sukzessiven Zueinanderfügens der Einzelelemente dem Gefüge zum Eindruck eines räumlichen Gewebes
verhelfen. Auf der anderen Seite dient Blanz das Rohmaterial zur Evozierung assoziativer Zusammenhänge zwischen der diesem Gefüge inhärenten strukturell - räumlichen Qualität und den dem Blick von oben eigenen Wahrnehmungsmustern wie sie etwa bei der fotografischen Dokumentation von Stadt- und Landschaftsräumen aus großer Distanz mittels speziellen in Erdumlaufbahn befindlichen Satelliten entstehen. Diese Assoziation wird mit der Angabe des Darstellungsmaßstabs untermauert, der gemeinsam mit dem Titel der Serie das jeweilige Einzelbild bezeichnet. Dass sich mit Fortdauer des Fügevorgangs durch die angestrebte Kontinuität von Texturen und Figuren in Raum und Fläche beim agierenden Subjekte in Gefühl physischer und psychischer Integriertheit einstellt, hängt nicht zuletzt mit einer gewissen Ähnlichkeit zur Vorgangsweise eines Städteplaners zusammen, der einerseits - vorallem in großen Maßstäben - nach kompositorischen Überlegungen vorgeht, im Wesentlichen aber danach bestrebt ist, die Ebenen funktionaler, erlebens- und wahrnehmungsmäßiger Stadtaneignung in ein ausgewogenes qualitatives Verhältnis zu setzen und damit bewusst oder unbewusst Aspekte subjektiver "Weltanschauung" in die Planung miteinfließen lässt. Trotz dem Umstand des künstlichen Generierens nach dem "Instant-Prinzip" strahlen die "Geospaces" eine angenehme Balance der oben beschriebenen Entstehungskriterien aus, die diese Arbeit weder zu nahe an reale Gegebenheiten und deren abbildhafte Repräsentation rücken noch die rohen und unmittelbaren Qualitäten des Ausgangsmaterials allzu offensichtlich zur Schau stellen. Es handelt sich also um eine Art Schwebezustand, dessen Indifferenz durch den Umstand untermauert wird, dass das gewählte Bildformat in Korrelation mit den Darstellungsausschnitten die Bildinhalte weder begrenzen noch in kohärenter Selbstreferentialität ein vollständiges Erfassen möglich machen. Der Betrachter macht also dort weiter wo Blanz angefangen hat: Die Fäden des strukturbildenden Gewebes werden aufgenommen und weitergeknüpft.
(Wolfgang Fiel, Wien 2002)