"Herbstspaziergang, Tirol"
Pigmentbasierter Tintenstrahldruck von original Autochrom
Künstlerstempel Aufdruck, rückseitiger Stempel (ArtPhotographyFund SPC)
Malerei, Grafik oder Fotografie? Verwischte Details und unscharfe Konturen erschweren die Zuordnung. Und das ist beabsichtigt: Um 1900 experimentierte der Fotopionier Heinrich Kühn mit sogenannten Edeldruckverfahren wie dem Gummidruck oder wie hier dem Farbverfahren Autochrom. Er wollte damit das damals neue Medium Fotografie aufwerten. Untrennbar verband Kühn dadurch unterschiedliche Medien miteinander und schuf besonders atmosphärische Aufnahmen.
Diese Aufnahme zeigt aus besonderer Perspektive eine kleine Gruppe Spaziergängerinnen mit Regenschirmen unter einem Kastanienbaum. Dominiert wird das Bild von den herbstlichen Farben des Kastanienbaums. Die ersten Farbverfahren, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts praktiziert wurden, waren kaum praktikabel. Erst mit der Erfindung der Autochrome-Farbrasterplatten durch die Brüder Lumière 1907 konnte mit einem einzigen Auslöser ein Farbfoto angefertigt werden. Das Autochrome sollte das einzige massentaugliche Farbverfahren bis zur Einführung des modernen Farbfilms Mitte der 1930er Jahre bleiben.
Weil es sich bei den Autochromen um Durchscheinbilder (Diapositive) handelt, wurden diese entweder mit lichtstarken Projektionsapparaten auf Leinwände vergrößert oder in Durchlicht-Betrachtungsapparaten gezeigt. Die Farbqualität war derart grandios, dass Kühn wörtlich von „gefährlich bunten Bildern“ sprach.
(Johann Werfring, Wiener Zeitung, 2014)