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Inv. Nr.S-2879
KünstlerRobert Frankgeb. 1924 in Zürich, Schweizgest. 2019 in Inverness, Kanada
Titel

"From the Bus"

Jahr1958 / 1970er
Technik

Gelatinesilberabzug

Bildgröße50,2 x 39,4 cm
Signatur

vorderseitig signiert und datiert

Kommentar

Robert Frank emigrierte 1947 von der Schweiz in den USA. 1954 bewarb er sich um ein Guggenheim-Stipendium, das ihm 1955 als erstem Europäer gewährt wurde. Er plante eine großangelegte Bildreportage über die Vereinigten Staaten. Die zwischen 1955 und 1957 aufgenommene Werkgruppe The Americans schrieb Fotogeschichte. Während seines Road Trips durch die USA dokumentierte Frank mit unkonventionellen, oft unscharfen und scheinbar zufälligen Momenten den „American way of life“ der Nachkriegszeit. In zum Teil trostlosen Schwarz-Weiß-Bildern zeigte Robert Frank eine weniger idealisierte, oft melancholische Seite Amerikas, geprägt von Rassismus, Gewalt und Konsumkultur. Da seine Fotos nicht dem Selbstbild der USA entsprachen, konnte das gleichnamige Buch zunächst nur in Europa veröffentlicht werden. Mit The Americans gelang Frank eine der einflussreichsten Foto-Arbeiten der Nachkriegszeit, die nicht nur die Streetphotography nachhaltig erneuerte, sondern auch Generationen von Fotografen prägte. The Guardian schreibt 2014, The Americans "veränderte die Art der Fotografie, was sie sagen kann und wie sie es sagen kann. Es bleibt vielleicht das einflussreichste Fotobuch des 20. Jahrhunderts".
Im Sommer 1958, einige Monate vor der Premiere von The Americans in Frankreich, begann Frank mit bewegten Bildern zu experimentieren. Doch bevor er sich ganz dem Filmemachen zuwandte, machte er eine weitere fotografische Serie From the Bus. Nach der unvergleichlichen Freiheit des Projekts The Americans schränkte Frank seinen Blickwinkel stark ein, indem er diese Bilder durch das Fenster eines fahrenden New Yorker Stadtbusses aufnahm. Er fotografierte Fußgänger beim Gehen, Warten und manchmal auch in Bewegung. Damit überbrückte er die Kluft zwischen unbewegten und bewegten Bildern.
Die Serie knüpft stilistisch an The Americans an, zeigt jedoch eine noch subjektivere und fragmentiertere Sicht auf die Gesellschaft. Sie verdeutlicht Franks Faszination für den Zufall und die flüchtigen Momente des Alltags, während sie gleichzeitig eine gewisse Distanz zwischen Fotograf und Motiv bewahrt. From the Bus kann als eine Reflexion über Bewegung, Isolation und das moderne Stadtleben interpretiert werden.
Das Bild ist eine Vergrößerung eines original Kontaktabzugs der Serie. Ein Kontaktabzug ist eine direkte Vergrößerung eines kompletten Negativstreifens auf Fotopapier, sodass alle Aufnahmen in ihrer ursprünglichen Reihenfolge am Filmstreifen sichtbar bleiben. Diese Methode ermöglichte es Fotograf:innen ihre Bilder im Kontext zu betrachten, Vergleiche anzustellen und Entscheidungen über die besten Aufnahmen zu treffen. Für The Americans spielten Kontaktabzüge eine wesentliche Rolle, denn Frank fotografierte mehr als 27.000 Aufnahmen und wählte für seine finale Auswahl nur 83 Bilder aus. Diese Arbeitsweise prägte ihn wohl sehr, auch wenn er in der Serie From the Bus bedeutend weniger Aufnahmen machte.
(Christoph Fuchs)

S-2879, "From the Bus"
Robert Frank, "From the Bus", 1958
S-2879, Ansicht vorne
© The June Leaf and Robert Frank Foundation