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pigmentbasierter Tintenstrahldruck auf Hahnemühle Photo Rag Ultra Smooth
rückseitig signiert und datiert
Wie schon in meinen vorangegangenen Projekten stehen auch in dieser Arbeit zwei zentrale Themen im Mittelpunkt.
Zunächst ist dies der Blick auf und in schöpferische Naturprozesse, die Hinwendung zu und Wahrnehmung unserer Umgebung. Natur und Umwelt werden nicht als uns gegenüberstehende Positionen wahrgenommen, sondern als eine uns umgebene Sphäre in der sich alles zueinander verhält und agiert.
In diesem Bewusstsein wird ein eigener Bildprozess entwickelt mit dem Natur und Umwelt ganz direkt erlebt und reflektiert werden. Mit der Hinterfragung tradierter Bildprozesse und einer Neuordnung des Verhältnisses von Autor, Gerät und Bild werden medienreflexive Betrachtungen verhandelt.
Die ersten Versuche dieser neuen Arbeit sind aus einem tiefen Bedürfnis, Dinge zu berühren, entstanden. Die hegemoniale Kultur des Sehens wird in CON-TACTO mit der Aktivierung der anderen Sinnesorgane gebrochen. Mit der Berührung wird ein Akt, der das Taktile fokussiert, in den Mittelpunkt gestellt. Nur Objekte, die wirklich in eigener Armlänge zu erreichen sind, werden Bildobjekt. Nicht der distanzierte okularzentristische Blick aus der Ferne – so wie in fotografischen Prozessen meist üblich – wird hier praktiziert; vielmehr kommt in dieser Arbeit vorsichtig tastend, in direktem Kontakt mit den Bildobjekten, ein Scanner zum Einsatz. Dieser sehr primitive handelsübliche Dokumentenscanner wird von mir umgebaut und modifiziert und so um wichtige Steuerungsmöglichkeiten erweitert.
Die deutlich sichtbaren Eigenheiten in den Abbildungen entstehen im Scanprozess selbst.
Die Unebenheiten an den Oberflächen der Bildobjekte und schlicht das eigene körperliche Unvermögen sowie Unregelmäßigkeiten in dem händischen Scanvorgang zeigen sich in verzeichneten Bildteilen und unregelmäßigen Proportionen. Darüber hinaus ist die hier – ganz bewusst einfache – verwendete Technik sehr reduziert in ihren technischen Möglichkeiten. Die Bild-Tiefenschärfe ist extrem gering und aufgrund der niedrigen Auflösung entstehen immer wieder Artefakte.
Die verwendete Technik und mein eigenes Agieren lässt nur Bilder zu, die im Zusammenspiel von Technik, Mensch und Natur möglich sind. Die entstehenden Bilder sind weit entfernt von den Versuchen reales Abbild sein zu wollen. Die Natur und unsere Umwelt bilden nur die Vorlagen für die Bildwelt dieser Arbeit und oft sind die eigentlichen Ursprünge der Bilder nicht mehr – oder nur wenig – wiederzuerkennen. Einmal mehr erkennen wir die Limitierungen, sich ein Bild von Natur und Umwelt zu machen.
(Edgar Lissel, Wien im April 2022)