"Passage"
Pigmentbasierter Tintenstrahldruck auf Kapa
rückseitig signiert, betitelt, datiert und nummeriert (Tinte)
Oliver Boberg beschäftigt sich intensiv mit der Realität des fotografischen Bildes vor und hinter der Kamera. Denn die Wirklichkeit, die in seinen Fotografien sichtbar wird, erschafft und komponiert er selbst. Das Ergebnis ist in jedem Fall eine perfekt modellierte und fotografierte Illusion. Der Künstler vertraut sich dem Betrachter an – und belässt ihn in dem nach wie vor unerschütterlichen Glauben, das fotografische Bild liefere per se ein Abbild der Wirklichkeit. Im Laufe der Jahre hat Oliver Boberg konsequent an der Konstellation Bild und Modell festgehalten. Dabei geht es dem Künstler nicht darum, wie weit er mit technischen Mitteln die Illusion in seinen Bildern treiben kann, sondern was sie beim Betrachter auslösen. Und diese Wirklichkeit geht weit darüber hinaus, das fotografische Bild einfach nur als Trugbild der Wirklichkeit zu entlarven. Denn tatsächlich sind bei Oliver Boberg viele unterschiedliche Wirklichkeiten am Werk.
Die Frage, ob sich in den fotografischen Bildern von Boberg ein Modell oder die Wirklichkeit zu erkennen gibt, spielt dabei zweifelsohne eine tragende Rolle. Die Einsicht aber, dass es sich bei den Werken um fotografische Bilder von Modellen handelt, führt keineswegs zu einem abschließenden Urteil. So scheibt die US-amerikanische Kunsthistorikerin Elizabeth Mangini über die fotografischen Werke Oliver Bobergs; „Das Interesse hört nicht auf, wenn wir entdecken, dass sie Modelle darstellen. Eigentlich beginnt das wirkliche Spiel sogar erst dann.“ (Elizabeth Mangini, Fiktive Räume der Fotografie, in Eikon Sonderdruck #4, S. 22) Genau genommen beginnt es damit, dass uns das fotografische Bild glauben machen will, das Bild einer vorgeordneten Realität zu sehen. … So stützt sich der sichere Blick des Betrachters auf die vermeintliche Spezifik fotografischer Repräsentation, um im selben Atemzug in Zweifel gezogen zu werden. Indem nämlich die fotografischen Bilder Modelle der Wirklichkeit zeigen und nicht etwa die Wirklichkeit selbst, irritieren sie nicht nur die Annahme einer vordergründigen Evidenz des Sichtbaren, sondern mehr noch die modellhaften Voraussetzungen fotografischer Produktion und Rezeption. Diese Bilder von Modellen erinnern uns daran, dass die Fotografie selbst immer nur den Modellfall einer möglichen Wirklichkeit, Bedeutung. Und Anschauung etablieren kann.
(R. Christofori, Galerie Lothar Albrecht, 2019)